Oberflächennahe Geothermie

Die thermische Nutzung des Untergrundes zur Wärmeversorgung wird als Geothermie bezeichnet. Als oberflächennahe Geothermie bezeichnet man die Erschließung der obersten 400 m wobei unterschiedliche Technologien zum Einsatz kommen. Geschlossene Systeme wie Erdwärmesonden oder Erdwärmekollektoren nutzen eine zirkulierende Wärmeträgerflüssigkeit in den Rohren um dem Untergrund die Wärme zu entziehen. Offene Systeme nutzen über Brunnenanlagen direkt das Grundwasser, dass zu einem Wärmetauscher gepumpt und anschließend wieder in die grundwasserführende Gesteinsschicht (Aquifer) injiziert wird.

In den obersten 15 m ist die Untergrundtemperatur durch atmosphärische Einwirkungen wie Sonneneinstrahlung, einsickernder Niederschlag und Luftkontakt bestimmt. Zwischen 15 m und 50 m Tiefe herrscht ein stabiler Temperaturbereich mit ca. 10-12°C, der unabhängig von saisonalen Schwankungen ist. Im urbanen Raum kann die Temperatur auch bei bis zu 15°C liegen. Darunter wird die Temperatur vom Wärmestrom aus dem Erdinneren bestimmt, wobei die Temperatur durchschnittlich um 3°C pro 100 m Tiefe zunimmt. Dies ist der geothermische Gradient.

Schematische Skizze der oberflächennahen Geothermie. Die Temperatur der obersten 15 m des Untergrundes wird maßgeblich durch atmosphärische Faktoren wie Sonneneinstrahlung, einsickernder Niederschlag und Luft- bzw. Fundamentkontakt bestimmt. Zwischen 15-50 m Tiefe herrscht ein saisonal unabhängiger, stabiler Temperaturbereich mit durchschnittlich 10-12°C. Unterhalb von 50 m Tiefe steigt die Temperatur im Mittel um 3° pro 100 m an. Man spricht hier vom geothermischen Gradienten. Die oberflächennahe Geothermie kann über geschlossene Systeme wie Erdwärmesonden oder offene Systeme wie Grundwasserbrunnen erschlossen werden. Abbildung nicht maßstabsgetreu.

ATES - Aquifer Thermal Energy Storage

Zu den offenen Systemen zählt die saisonale, thermische Speicherung in Aquiferen, sogenannte ATES-Systeme (Aquifer Thermal Energy Storage), welche oberflächennahe Grundwasserhorizonte (Aquifere) nutzen.

ATES-Systeme bestehen aus einem Wärme- und einem Kältespeicher im Untergrund. Saisonal kann Wärme- oder Kälteenergie dem Speicher entnommen werden. Die Wärme bzw. Kälte des Speichers wird in der Regel aus dem angeschlossenen Gebäude selbst bereitgestellt, d.h. in den Sommermonaten wird Grundwasser aufgewärmt und gespeichert, in den Wintermonaten entsprechend abgekühlt. Bei den meisten Anlagen werden, um den Wärmebedarf zu decken zusätzlich Wärmepumpen verwendet. Zum Kühlen muss in den meisten Fällen keine Wärmepumpe verwendet werden. 

ATES-Systeme können dazu beitragen die angestrebte Treibhausgasneutralität Deutschlands für das Jahr 2045 zu erreichen. Dabei müssen alle Sektoren dekarbonisiert werden. Allen voran der Wärmesektor, der allein ca. 36% des Primärenergiebedarfs in Deutschland benötigt  (Umweltbundesamt, Stand 2021). Im Vergleich zu anderen Sektoren, wie z.B. der Stromproduktion stand Wärme- und Kälteenergie im Gebäudesektor weniger im Fokus der Öffentlichkeit (Fleuchaus et al. 2018). Um dieses Treibhausgasminderungspotenzial nutzen zu können müssen umweltfreundliche Heiz- und Kühlungssysteme stärker forciert werden. Im Vergleich zu konventionellen Wärme- und Kältegewinnung durch fossile Energieträger können mit ATES-Systemen bis zu 75% an Treibhausgasemissionen vermieden werden (Stemmle et al. 2021). 

ATES Konfigurationen


Es gibt verschiedene Konfigurationen für ein ATES-System. Zum einen kann man ATES über verschiedene Brunnendesigns realisieren, zum anderen können Aquifertiefen und Speichertemperaturen unterschieden werden.

Brunnendesigns

Funktionsweise eines klassischen ATES-Systems mit zwei Bohrungen (Dublette): Während den Sommermonaten wird das Gebäude mittels eines Wärmetauschers durch das Grundwasser gekühlt. Das erwärmte Grundwasser wird anschließend durch eine zweite Brunnenanlage in den Grundwasserleiter zurückgeführt. In den Wintermonaten wird dieses erwärmte Grundwasser nun verwendet um das Gebäude mit Hilfe einer Wärmepumpe (HP, heat pump) zu beheizen. Das abgekühlte Wasser wird wiederum in den  Grundwasserleiter zurück gepumpt und kann in den Sommermonaten zum Kühlen verwendet werden. (Grafik aus Bloemendal & Hartog, 2018)

Die meist verbreiteten ATES-Systeme sind über eine sogenannte Dublette realisiert. Der Grundwasserleiter ist dabei über mindestens zwei Brunnenbohrungen erschlossen. Ein Brunnen dient zur reinen Förderung, der andere zur Injektion des Grundwassers.

Im Sommer wird Grundwasser dem Aquifer entnommen und zum Kühlen der Gebäude verwendet. Mit der Abwärme und einem Wärmetauscher wird das Wasser erwärmt und in das Aquifer zurückgepumpt. Im Winter wird die Pumprichtung umgekehrt, das erwärmte Grundwasser entnommen um mittels einer Wärmepumpe das Gebäude zu beheizen. Die Wärmepumpe entzieht dem Grundwasser Wärme, sodass das abgekühlte Wasser wiederum in das Aquifer zurückgeführt und im Sommer zum Kühlen verwendet wird.                          Dabei bildet sich eine horizontale Zirkulation des Grundwassers aus.

Der Vorteil dieser Anlagentechnik liegt in der Nutzung von geringmächtigen Grundwasserleitern.

Ein Nachteil liegt in der möglichen Ausbildung von Grundwasseraufhöhungen und -absenkungen, was vor allem bei flachen Grundwasserspiegeln im urbanen Raum eine Schwierigkeit darstellt.

Vergleich von Brunnen-Dublette und Ein-Brunnen-System (Monowell). (Grafik aus Bloemendal & Hartog, 2018)

Das Ein-Brunnen-System (Monowell) kommt mit einer Bohrung aus. Das Grundwasser wird aus zwei verschiedenen Tiefen gefördert und injiziert. Der Wärmespeicher wird dabei in flacherer Tiefe gebildet.

Diese ATES Konfiguration benötigt für die Bohrungen weniger Platz an der Oberfläche. Allerdings muss der Aquifer ausreichend mächtig sein.

Der Abstand zwischen Wärme- und Kältespeicher muss groß genug sein um einen thermischen Kurzschluss zu vermeiden. D.h. es muss tiefer gebohrt werden als bei einem Dublettensystem.

Temperatur & Tiefe

Niedrig- und Hoch-Temperatur ATES

Niedrigtemperatur-ATES (NT-ATES) sind durch Speichertemperaturen zwischen 5°C bis 25°C definiert und rangieren im sehr oberflächennahen Untergrund von 40-250 m Tiefe.

Hochtemperatur-ATES (HT-ATES) zeichnen sich durch Speichertemperaturen bis 150°C und Zielhorizonte bis 400 m Tiefe aus.